Live performance at GLOBArt 2004
Cloister church of Pernegg, Austria (26 Aug 2004)
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Uraufführung: Ur-UFO mit Bodenhaftung VON ALMUTH SPIEGLER
Bei der GLOBArt Academy wird Donnerstagabend eine Multimedia Performance von Schülern der Meisterklasse Eva Schlegel mit Musik von Karlheinz Essl uraufgeführt.
Visuals
Musik
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Die Uraufführung dieser von GLOBArt in Auftrag gegebenen Multimedia-Performance fand am 26. August 2004 in der Klosterkirche Pernegg (A) statt, die Wiener Erstaufführung am 31. März 2005 im Hauptgebäude der DONAU Versicherung in Wien.
Live-Performance am 31.03.2005 in der DONAU-Versicherungin Wien.
Wer anders als die Künstler könnten "Das neue Bild vom Menschen" zeichnen, könnte man sich denken. Doch gute Kunst will und darf heute keine Erwartungen mehr erfüllen, eher sie brechen und uns dadurch auf Trab halten. Und genau das passierte in der Klosterkirche Pernegg, wo die "GLOBArt Academy" ihre Such nach einem neuen Menschenbild begann. Im Auftrag von "GLOBArt" entwickelten eine Gruppe von Schülern und Schülerinnen der Klasse Eva Schlegel an der Wiener Akademie der bildenden Künste gemeinsam mit dem Komponisten Karlheinz Essl eine Video/Sound-Performance: Sowohl Bilder wie auch Ton wurden live abgemischt, improvisiert. Das nicht vorherzusehende Ergebnis beunruhigte wohl stärker, als so mancher zugeben wollte. Ausschnitte aus alten Science-Fiction-Filmen, aus wissenschaftlichen Dokumentationen rasten in atemberaubenden Tempo über die in mehreren Schichten gespannten Leinwände. Da konnte es schon vorkommen, dass sich eine Armada von Gewehrläufen direkt ins Publikum richtete. Ein weitgehend negatives Zukunftsbild. Warum? Ein kurzes Gespräch mit den Künstlern Hamidreza Tavakoli, David Wiltschek und Karlheinz Essl.
Released 2007 on Karlheinz Essl's album SNDT®X
Hamidreza Tavakoli: Es sollte weniger aggressiv als kritisch sein. Das hat zum Abend gepasst. Es wurde so lange schön geredet davor - und dann kamen wir. Wir hatten unsere zehn Minuten. Und die haben wir auch genützt. Wir würden es heute nicht anders machen. Vor allem war ich fasziniert von Karlheinz Essl. Er hat uns begleitet, Schritt für Schritt. Die Musik hatte eine sehr große Wirkung auf die Videos.
Karlheinz Essl: Ihr habt gehört, was ich gespielt habe und ich habe gesehen, welche Bilder ihr projiziert habt. Es gab den Kontakt über den jeweils anderen Sinn, wir haben improvisiert.
Tavakoli: Der Anfang und das Ende waren geplant. Es beginnt mit dem Paradies, mit dem Licht und hört auch mit Licht wieder auf. Das war doch etwas Positives! Dazwischen wurde das Paradies wieder abgefackelt. Aber bevor alles im Armageddon enden konnte, haben wir noch eine kleine Wende gemacht - zum Schluss kam die Sonne.
David Wiltschek: In Wirklichkeit war alles nicht brutaler als ein Durchlauf durch die Fernsehprogramme.
Spiegler: Wie wichtig war der Ort der Aufführung, eine Kirche? War das ein Problem? Eine Herausforderung?
Essl: Also inhaltlich nicht, eher architektonisch. Das mittelalterliche Bauwerk wurde schlecht barockisiert und dann noch unglaublich kitschig restauriert. Deswegen war ich froh, dass ihr die Screens aufgebaut habt zumindest.
Spiegler: Das Thema Religion war gar kein Thema? Ihr seid ja erst während der Arbeit draufgekommen, dass Ihr alle unterschiedlichen Religionen angehört...
Wiltschek: Nein, das war kein Thema.
Spiegler: Andere Frage also. "Das neue Bild vom Menschen" - wie geht man an so eine im Grunde anmaßende Aufgabe heran?
Essl: Ich wollte mit meiner Musik vor allem einen Raum schaffen, in dem die Bilder eine Bodenhaftung bekommen. Ich wollte eine passende Klangwelt erzeugen.
Spiegler: Einen Soundtrack?
Essl: Na ja. Ein Soundtrack ist im Normalfall die Begleitung, die eine bestimmte Stimmung erzeugt. Ein guter Soundtrack fällt nicht auf. Meine Musik beansprucht schon etwas mehr zu sein. Sie sollte auch ohne die Bilder funktionieren.
Spiegler: Haben Sie denn ein Bild vom "neuen Menschen"?
Essl: Nur ein sehr skeptisches. Dieser Begriff ist immer wieder missbraucht worden. Und es ist so hypothetisch, was es sein kann.
Tavakoli: Das ist nicht festzumachen. Jede Gesellschaft, jedes Land, jede Regierung versucht das Bild des Menschen zu formen. Sei es medial, politisch, psychologisch oder mit Gewalt, mit Diktatur. Ich glaube, dass wir unsere Gesellschaft vergewaltigen, manipulieren. Mit Gentechnik etwa.
Spiegler: Eure Bestandsaufnahme zum neuen Menschen gibt wenig Hoffnung. Wo bleibt da die Utopie in der Kunst?
Essl: Das ist eine positivistische Haltung aus den 70er Jahren. Das Suchen nach Utopien hat einen unglaublichen Bart! Da bin ich ein gebranntes Kind. Ich reagiere auf das, was da ist. Ich reagiere intuitiv. Aber ich verschreibe mich keiner Utopie. Das wäre eine Täuschung in einer Welt, die so komplex ist, so zersplittert ist - wo will man hier eine Utopie finden? Das kann nichts anderes sein als eine Lebenslüge.
Wiltschek: Man sollte sich mit dem beschäftigen, was jetzt ist.
Spiegler: Kaut man dann nicht nur immer das Altbekannte wieder?
Essl: Quatsch. Wir wollen Menschen zusammenbringen, berühren. Es ist meine Aufgabe als Künstler, Wahrnehmungswelten zu erzeugen, die den Menschen andere Möglichkeiten zeigen.
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Updated: 23 Aug 2021