Karlheinz Essl
Als das SCHÖMER-HAUS 1987 eröffnet wurde, ahnte niemand, dass dieses Büro- und Ausstellungsgebäude einmal ein prominenter Veranstaltungsort für ungewöhnliche Konzerte werden sollte. Bald nach der feierlichen Einweihung besuchte Claudio Abbado diesen Ort und war von der Architektur und seiner Akustik so beeindruckt, dass er meinen Vater beschwor, das Haus der Neuen Musik zur Verfügung zu stellen. Denn im Unterschied zu traditionellen Konzertsälen, mit ihrer aus dem 19. Jahrhundert stammenden Klang- und Raumästhetik, eignet sich das SCHÖMER-HAUS besonders für unkonventionelle Präsentationsformen zeitgenössischer Musik, bei denen immer mehr mit den Möglichkeiten des Raumes experimentiert wird.
Die zentrale Halle des SCHÖMER-HAUSES
Foto: Pez Hejduk
Dieses Jahr erging der Auftrag an den argentinischen Komponisten Marcelo Toledo, der in Luminous Emptiness das SCHÖMER-HAUS als stellaren Klangraum inszeniert: Konstellationen des Sternenhimmels dienen als Ausgangspunkt einer Komposition, in der nicht nur Instrumente, sondern auch die architektonischen Elemente des SCHÖMER-HAUSes wie die vergitterte Stiege und die hölzernen Handläufe der Galerien von den MusikerInnen des Klangforums Wien zum Klingen gebracht werden.
Ausschnitt aus Luminous Emptiness von Marcelo Toledo
© 2012 by Marcelo Toledo
Eine äußerst beeindruckende Adaption des SCHÖMER-HAUSes als dreidimensionaler Klangraum entstammt der Feder des belgischen Komponisten Serge Verstockt, der gemeinsam mit dem Architekten Werner Vandermeersch 2006 die kinetische Klanginstallation Voder schuf. Sie bestand aus vier Lautsprechern mit Propellerantrieb, die wie kleine Helikopter an Drahtseilen über den Köpfen des Publikums rotierten. Ein Computerprogramm auf dem Boden setzte die Lautsprecher – und somit auch die Klänge – in Bewegung und erzeugte eine chaotische, flirrende Klanglandschaft.
Ein weiteres Highlight stammt von der irischen Komponistin Jennifer Walshe, die sich als Künstlerpersönlichkeit voll skurriler Fantasie einen Namen gemacht hat. Ihr 2007 geschaffenes Werk My Extensive Relationship with Mr. Steven Patrick M. verwandelte das SCHÖMER-HAUS in einen Theaterraum. Von der Decke baumelten Kassettenrekorder und die Aufzüge wurden von Musikern bedient, die als Liftboys fungierten. Ausserdem wurden das käfigartige Stiegenhaus und die umlaufenden Galerien als Klangkörper benutzt und als Aktionsräume in Szene gesetzt.
Das Ensemble für intuitive Musik (Weimar) spielt Werke von Karlheinz Stockhausen
© 2009 by Karlheinz Essl
J. S. Bach / Karlheinz Essl: Gold.Berg.Werk
SCHÖMER-HAUS, 4 Dec 2011
Solorecital Eva Reiter im Essl Museum
© 2007 by Peter Kuffner
Die ästhetische Öffnung, die durch die Konzertreihe im Essl Museum ausgelöst wurde, zeigt Auswirkungen auf die Programmgestaltung des SCHÖMER-HAUSes. Zum Format des Konzertes, das die ersten beiden Jahrzehnte dominierte, gesellen sich heute vermehrt unkonventionelle Mischformen, in denen Musik mit Videoprojektionen, Klanginstallationen und Performances kombiniert wird und nicht nur reproduzierbare Werke, sondern auch offene Prozesse mit ungewissem Ausgang in Szene gesetzt werden. So reflektiert das Musikprogramm der beiden Häuser die sich ständig verändernden künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Veränderungen. Ich freue mich, dass unser Publikum diese Entwicklungen mit Interesse und Begeisterung begleitet.
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Updated: 8 Apr 2021