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REplay PLAYer

Karlheinz Essl im Gespräch mit Susanna Niedermayr

anläßlich der Uraufführung von REplay PLAYer im Kunstradio
Österreichischer Rundfunk, Ö1 (25.02.2001)

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Im Frühsommer 2000 fand in der Wiener Generali Foundation die Ausstellung "Replay - Anfänge internationaler Medienkunst in Österreich" statt. Der Audioteil sowie die Homepage dieser Ausstellung wurden damals vom Kunstradio koproduziert. Seit Herbst letzen Jahres veranstaltet das Kunstradio die Projektreihe REPLAY UPDATE, in der vorwiegend österreichische Künstler und Künstlerinnen in unregelmäßigen Abständen Radiokunst-Konzepte aus den 70er Jahren aufgreifen und weiterentwickeln. Heute hören Sie Teil 4: das Projekt REplay PLAYer des österreichischen Komponisten Karlheinz Essl, live aus dem Studio 2 des Wiener Funkhauses. Susanna Niedermayr möchte Sie dazu herzlich begrüßen.


Kunstradio-Sendung vom 25. Februar 2001
Live-Performance: Karlheinz Essl


Susanna Niedermayr: Karlheinz Essl, der Titel ihres Projektes REplay PLAYer zu der Kunstradio-Serie REPLAY UPDATE ist ein Wortspiel, das gleichzeitig ihren Bezug zu der Ausstellung "Replay - Anfänge internationaler Medienkunst in Österreich" ausdrückt. Worin besteht ihr Anknüpfungspunkt an die in der Ausstellung präsentierten Radiokunst- und Soundartkonzepte der 70er Jahre?

Karlheinz Essl: Ich versuche hier die Idee des Replays - also des Recyclings - nochmals auf einer zweiten Ebene durchzuführen, indem das Material, das die KünstlerInnen damals recycled haben, von mir nochmals recycled wird. Deshalb auch der merkwürdige Titel REplay PLAYer, der ein Wortspiel darstellt, weil PLAYer und REplay Anagramme sind; das heißt, beide Worte haben die gleichen Buchstaben, die aber jeweils anders kombiniert sind. Geschrieben wird das nun so, dass das RE von REplay groß geschrieben wird, und das PLAY von PLAYer ebenfalls, wodurch die Großbuchstaben zusammen gelesen REPLAY ergeben, und die Kleinbuchstaben wiederum player. Es finden hier also auf verschiedenen Ebenen rekursive Verknüpfungen statt. Dies wiederum stellt das Grundkonzept meiner heutigen Performance dar, die auf einer genau ausgearbeiteten Partitur basiert, die die Übergange und das ständige Hin- und Herspringen zwischen den Materialebenen thematisiert.

SN: Welche Stücke und in der Ausstellung präsentierten Soundarbeiten haben Sie für das Projekt REplay PLAYer ausgewählt?

KHE: Dazu möchte ich vorweg bemerken, dass diese Stücke für mich eigentlich anonymes Material darstellen. Ich habe sie so ausgewählt, dass sie einer bestimmten kompositorischen Idee entsprechen - darüber sprechen wir vielleicht noch später. Die Stück sind - ich nenne jetzt nur einige Titel - kurze und sehr bewußt zusammengeschnittene und komprimierte Auszüge aus:

SN: REplay PLAYer ist auch der Name einer Software, die Sie extra für dieses Projekt entwickelt haben. Welche Rolle spielt der REplay PLAYer in ihrer Performance?

KHE: Das ist der rote Faden, der in etwa folgende Funktion hat: meine Performance ist - ohne jetzt pathetisch werden zu wollen - als fünfsätzige Symphonie angelegt, und es gibt hier Übergangsphänomene zwischen verschiedenen Emanationen von Klang, der sich vom Rauschen über Laute hin zur Sprache entwickelt, dann beim Singen anlangt und zum Schluss in Musik übergeht. Der REplay PLAYer nimmt nun exemplarische Auszüge aus diesem REPLAY Material und verarbeitet dies in einer sehr autonomen Weise. Ich wiederum nehme drauf Bezug, indem ich mit meinem eigenen Instrumentarium darauf reagiere.

SN: Diese Instrumentarium, mit dem Sie darauf reagieren werden heißt m@ze°2 ist ein Instrument, das ebenfalls auf Computertechnologie basiert und das Sie 1996 entwickelt haben.

KHE: m@ze°2 ist ein Versuch, den Akt der Komposition in den Bereich der Echtzeit zu übertragen. Komposition im emphatischen Sinne, wie ich sie auch sonst praktiziere, findet im Grunde immer "out of time" (Xenakis) statt, in einem sehr langwierigen Prozess, wo dann nach vielen Monaten Arbeit ein Extrakt von 3, 4, 5 oder 7 Minuten herauskommt. m@ze°2 wiederum ist eine Software, die es mir als Komponist ermöglicht, sozusagen in Echtzeit Musik zu komponieren auf Grund von bestimmten Voraussetzungen, die ich mir allerdings - im Unterschied zu kommerzieller Software - selbst geschaffen habe. Ich habe mir also ein Kompositions-Environment gebaut, das meine eigenen kompositorischen Ideen und Konzepte realisiert und darstellt, und mit dem ich arbeite wie mit einem Instrument. Der REplay PLAYer stellt die eine Kernebene dieses Stückes dar; ich arbeite nun so mit meinen in m@ze°2 integrierten Strukturgeneratoren, das ich damit bestimmte Relationen herstelle zwischen den Klängen, die der sog. shredder (das Kernprogramm des REplay PLAYers) liefert, und was ich dazu interpretiere.

SN: Sie folgen in Ihrer Arbeit bereits seit längerem der Vision einer Musik, die - wie Sie es selber beschreiben - sich im Augenblick ihres Erklingens wie von selbst, also autopoetisch komponiert. Welche Auswirkung hat diese Vorgehensweise nun im speziellen auf das Klangmaterial aus den 70er Jahren, das ja eigentlich jeweils in einem sehr konkreten Zusammenhang steht?

KHE: Nach Sichtung des sehr umfangreichen Materials habe ich daraus vier verschiedene Kategorien herausdestilliert:

Das sind also die vier Grundkategorien, die ich akustischen Phänomenen zugeordnet habe, wobei es Überlappungen gibt. Diese fünf akustischen Phänomene heißen:

Da gibt es nun eine Matrix, die diese verschiedenen Aspekte miteinander in Zusammenhang bringt. Das war auch die Materialbasis für dieses Stück und seine fünf Sätze.

SN: REplay PLAYer ist eine Performance für das Radio. Welchen Stellenwert wird das Radio in den kommenden 50 Minuten einnehmen?

KHE: Einerseits ist es die Spiegelung dessen, was im Konzertsaal passiert, nach aussen - die typische Radio-Liveübertragung. Andrerseits wird Musik und Material verwendet, das ursprünglich oft aus einem Radiokontext stammt: es kommt aus dem Radio und kommt wieder ins Radio zurück und tönt aus diesem heraus.

SN: Karlheinz Essl, danke für das Gespräch. Hören Sie nun REplay PLAYer, eine Radioperformance live aus dem Studio 2 des Wiener Funkhauses und live im Netz und gleichzeitig Teil 4 der Kunstradioserie REPLAY UPDATE. Die Liverperformance können Sie übrigens auch über unsere Homepage mitverfolgen. Die Adresse lautet kunstradio.at.


  Wiedergabe der Live-Performance von Karlheinz Essl am Sonntag, 25 Februar 2001 im Studio 2 des ORF RadioKulturHauses in Wien

Eine KUNSTRADIO-Sendung im Rahmen des Projektes REPLAY UPDATE



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Updated: 9 May 2018

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